Offener Brief an die Stadt Zürich: Verletzung der Vereinbarung während der Rad-WM zulasten der KMU

Betreff: Verletzung der Vereinbarung vom 4./9. Oktober 2023 betreffend die Verkehrsbeschränkungen während der UCI Rad- und Para-Cycling-WM 2024

Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, Sehr geehrte Damen und Herren Stadträtinnen und Stadträte,

Wie Ihnen bekannt ist, wurde am 4./9. Oktober 2023 eine Vereinbarung zwischen der Stadt Zürich und einer nicht unerheblichen Anzahl von Gewerbeverbänden, Gewerbetreibenden und Anwohnern getroffen (vgl. Anhang; Schwärzungen hinzugefügt), um die massiven Verkehrsbeschränkungen während der UCI Rad- und Para-Cycling-WM 2024 («Rad-WM») zu mildern. In Ziff. 3 dieser Vereinbarung wurde – basierend auf den Erschliessungslösungen des Stadtrats (vgl. Stadtratsbeschluss-Nr. 2820/2023 vom 27. September 2023) – das „Drei-Phasen-Konzept“ festgeschrieben, welches verschiedene Verkehrsphasen (grün, orange und rot) in enger Abstimmung mit dem Zeitplan der Rennen regelt. Insbesondere die „Phase grün“, in der die Rennstrecken bis eine Stunde vor Rennbeginn normal befahren werden können, war ein zentrales Element für das Gewerbe und die betroffenen Anwohner.

Zunächst danken wir Ihnen für Ihre Bereitschaft, diese Vereinbarung zu treffen, die einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, den Konflikt zwischen dem Gewerbe, den Anwohnern und der Stadtverwaltung zu entschärfen. Einzig aufgrund dieser Vereinbarung haben die betroffenen Gewerbeverbände und Anwohner ihren aussichtsreichen Rekurs per 9. Oktober 2023 zurückgezogen, in der berechtigten Annahme, dass eine faire und praktikable Lösung gefunden wurde, die das Zusammenleben während der Rad-WM erleichtert. Es zeigte sich damals, dass in einem konstruktiven Dialog zwischen der Stadt, dem betroffenen Gewerbe und den Anwohnern Lösungen gefunden werden können, die sowohl den Anforderungen des Grossevents als auch den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht werden. Wir waren mit dem Resultat zufrieden, zumal es uns zu keinem Zeitpunkt um die Verhinderung des Grossanlasses gegangen ist. Unser Ziel war stets, bei aller Vorfreude auf die Rad-WM auch die Bedürfnisse der Anwohnerinnen und Anwohner sowie des Gewerbes konzeptionell zu berücksichtigen.

Mit grosser Enttäuschung stellen wir nun jedoch fest, dass Sie bzw. der Stadtrat die getroffene Vereinbarung nicht einhalten. Die „Phase grün“, die essenziell für das Funktionieren unserer Geschäfte und die Lebensqualität der Anwohner ist, wird in der öffentlichen Kommunikation der Stadt zur Rad-WM vollständig weggelassen. Stattdessen wird kommuniziert, dass die betroffenen Gebiete von 5 bis 19 Uhr für den motorisierten Individualverkehr (MIV) praktisch unzugänglich sein werden. Dies widerspricht den schriftlichen und mündlichen Zusicherungen, auf die wir uns verlassen haben. Es handelt sich dabei um einen massiven Vertrauens- und Rechtsbruch, der die Glaubwürdigkeit der Stadtregierung zutiefst erschüttert.

Es ist und war immerzu angedacht, dass die rekurrierenden Gewerbeverbände/-treibenden sowie die rekurrierenden Anwohner stellvertretend für das gesamte von der Rad-WM betroffene Gewerbe (insbesondere die Mitglieder der Gewerbeverbände) sowie die Anwohner der betroffenen Quartiere hinstehen und somit ein Abbild der letzteren Beiden bilden. Die Abkehr von der rechtsgültig unterzeichneten Vereinbarung stellt einen unerhörten Vertrauensbruch dar, zumal wir unseren aussichtsreichen Rekurs einzig und allein zurückgezogen haben, weil wir uns auf die rechtsgültig unterzeichnete Vereinbarungen vom 4./9. Oktober 2023 verlassen haben. Wir sehen uns gezwungen, festzustellen, dass das Verhalten des Stadtrates die Erwartungen an eine transparente, faire und verlässliche Verwaltung in einem demokratischen Rechtsstaat in keiner Weise erfüllt.

Diese mangelnde Verlässlichkeit und die Ignoranz gegenüber den berechtigten Interessen des Gewerbes und der Anwohner werden wir nicht stillschweigend hinnehmen. Wir sind somit an einem Punkt angelangt, wo nur noch der öffentliche Protest möglich ist, denn durch Ihr treuwidriges Verhalten ist uns der Rechtsweg an ein unabhängiges Gericht nun versagt. Dass dies in der Stadt Zürich möglich ist, war für uns undenkbar.

Wir als Gewerbetreibende und Anwohner tragen täglich zum Funktionieren und Wohlstand dieser Stadt bei, schaffen Arbeitsplätze, erfüllen unsere Pflichten und leisten unsere öffentlich-rechtlichen Abgaben. Wir erwarten, dass die Stadtverwaltung sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Gewerbe und den Anwohnern bewusst ist und die Vereinbarung vom 4./9. Oktober 2023 in vollem Umfang einhält. Insbesondere fordern wir eine sofortige Korrektur der öffentlichen Kommunikation, in der das vereinbarte „Drei-Phasen-Konzept“ deutlich und korrekt dargestellt wird.

Wir appellieren an Ihre Vernunft und Ihr Verantwortungsbewusstsein – und auch an Ihre Demut gegenüber dem Wahlvolk –, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, um das Vertrauen des Gewerbes und der Anwohner in die Stadtregierung wiederherzustellen.

Mit freundlichen Grüssen und hochachtungsvoll,

Arbeitgeber Zürich VZH, ACS Sektion Zürich, Baumeister-Verbände Region Zürich-Schaffhausen Zürich, Bezirksgewerbeverbands Meilen ,City Vereinigung Zürich, Forum Zürich, Gewerbeverband der Stadt Zürich, Hauseigentümerverbände des Kantons und der Stadt Zürich, KMU- und Gewerbeverband des Kantons Zürich, Komitee Weltoffenes Zürich, TCS Sektion Zürich, Unternehmergruppe, Wettbewerbsfähigkeit, Vereinigung Zürcherischer Arbeitgeberverbände der Industrie, Vereinigung Zürcher Immobilienunternehmen, Zürcher Bankenverband, Zürcher Handelskammer, Zürcher Hotellerie 

 

Zürich, 6. September 2024

th/kgv

Hier finden Sie den vollständigen offenen Brief und die Vereinbarung zwischen Gewerbe und Stadt: